Hoess on himmler

Rudolf Hoess: Aufzeichnungen

1. Die “Endloesung der Judenfrage” im KL Auschwitz

Im Sommer 1941, den genauen Zeitpunkt vermag ich z. Zt. nicht
anzugeben, wurde ich ploetzlich zum Reichsfuehrer SS nach Berlin
befohlen, und zwar direkt durch seine Adjutantur. Entgegen seiner
sonstiger Gepflogenheit eroeffnete er mir, ohne Beisein eines
Adjutanten, dem Sinne nach folgendes: Der Fuehrer hat die Endloesung
der Judenfrage befohlen, wir – die SS – haben diesen Befehl
durchzufuehren. Die bestehenden Vernichtungsstellen im Osten sind
nicht in der Lage, die beabsichtigten grossen Aktionen durchzufuehren.
Ich habe daher Auschwitz dafuer bestimmt, einmal wegen der guenstigen
Verkehrstechnischen Lage und zweitens laesst sich das dafuer dort zu
bestimmende Gebiet leicht absperren und tarnen. Ich hatte erst einen
hoeheren SS-Fuehrer fuer diese Aufgabe ausgesucht; um aber
Kompetenzschwierigheiten von vornherein zu begegnen, unterbleibt das,
und Sie haben nun diese Aufgabe durchzufuehren. Es ist eine harte
und schwere Arbeit, die den Einsatz der ganzen Person erfordert,
ohne Ruecksicht auf etwa entstehende Schwierigkeiten. Naehere
Einzelheiten erfahren Sie durch Sturmbannfuehrer Eichmann vom
RSHA, der in naechster Zeit zu Ihnen kommt. Die beteiligten
Dienststellen werden von mir zu gegebener Zeit benachrichtigt. Sie
haben ueber diesen Befehl strengstes Stillschweigen, selbst Ihren
Vorgesetzten gegenueber, zu bewahren. Nach der Unterredung mit
Eichmann schicken Sie mir sofort die Plaene der beabsichtigten Anlage
zu. – Die Juden sind die ewige Feinde des deutschen Volkes und muessen
ausgerottet werden. Alle fuer uns erreichbaren Juden sind jetzt
waehrend des Krieges ohne Ausnahme zu vernichten. Gelingt es uns
jetzt nicht, die biologischen Grundlagen des Judentums zu zerstoeren,
so werden einst die Juden das deutsche Volk vernichten.

Nach Erhalt dieses schwerwiegenden Befehles fuhr ich sofort nach
Auschwitz zurueck, ohne mich bei meiner vorgesetzten Dienststelle
in Oranienburg gemeldet zu haben. Kurze Zeit danach kam Eichmann
zu mir nach Auschwitz. Er weihte mich in die Plaene der Aktionen in
den einzelnen Laendern ein. Die Reihenfoge vermag ich nicht mehr
genau anzugeben.

Zuerst sollte fuer Auschwitz Ostoberschlesien und die daran
angrenzenden Teile des General-Gouvernements in Frage kommen.
Gleichzeitig, und dann je nach Lage fortgesetzt, die Juden aus
Deutschland und der Tschechoslowakei. Anschliessend der Westen:
Frankreich, Belgien, Holland. Er nannte mir auch ungefaehre Zahlen
der zu erwartenden Transporte, die ich aber nicht mehr nennen kann.
Wir besprachen weiter die Durchfuehrung der Vernichtung. Es kaeme
nur Gas in Frage, denn durch Erschiessen die zu erwartenden Massen
zu beseitigen, waere schlechterdings unmoeglich und auch eine zu
grosse Belastung fuer die SS-Maenner, die dies durchfuehren muessten
im Hinblick auf die Frauen und Kinder.

Rudolf Hoess: Kommandant in Auschwitz. Autobiographische
Aufzeichnungen. Eingeleitet und kommentiert von Martin Broszat.
Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1958. Pp. 153-154.